Rehe im Garten
Haben Sie auch gelegentlich oder öfter Rehe im Garten? Die Rehe fressen Ihnen die Blumen und Erdbeerblüten auf, und Sie fragen sich, was Sie dagegen unternehmen können?
Es ist natürlich ärgerlich, wenn die mit viel Liebe und Geld angelegten Pflanzen den Rehen zum Opfer fallen. Können oder müssen die Jäger nicht etwas dagegen tun?
Um es gleich offen und ehrlich zu sagen: die Jäger können nicht viel dagegen machen. Rehe sind Wildtiere, sie sind herrenlos und unterliegen dem Jagdrecht. Der Jäger ist zwar für die Hege und Pflege der ihm anvertrauten Wildtiere zuständig, wozu auch die Rehe zählen. Aber vertreiben lassen sich die Rehe nicht, und wir Jäger dürfen aus gutem Grund nicht in den bewohnten Gebieten mit der Waffe jagen.
Warum kommen die Rehe in die Gärten?
Betroffen sind in der Regel Gärten, die am Stadtrand liegen. Am Stadtrand leben nicht nur wir Menschen, sondern auch viele kleine und große Tiere, und eben auch die Rehe. Rehe wünschen sich Deckung, Ruhe und Nahrung. Dieses alles finden sie in den Siedlungsgebieten und Gärten, besonders dann, wenn es ihnen in der „freien“ Natur daran mangelt. In den Siedlungsgebieten und Gärten herrscht unter der Woche oft eine himmlische Ruhe, die Kinder sind im Kindergarten oder in der Schule, die Erwachsenen gehen ihrer Arbeit nach. Die Rehe haben schnell heraus, wo ihnen der „Tisch gedeckt“ ist und sie ihre Ruhe finden.
Auch wir Menschen tragen unseren Teil dazu bei, dass die Rehe in die Gärten und Siedlungsgebiete ausweichen. Durch unser Freizeitverhalten ist es in den angestammten Aufenthaltsorten der Wildtiere, in Feld und Wald, oft bis spät abends und früh morgens sehr unruhig. Spaziergänger, Wanderer, Jogger, Radfahrer, Hunde – frei laufend oder an der Leine – sorgen für eine ständige Beunruhigung, dem das Wild möglichst ausweicht. Insbesondere nach der Ernte hat sich der Lebensraum der Rehe schlagartig verändert, gewohnte Deckungsräume sind verschwunden, das Wild sucht sich neue Einstände. Im Winter und zeitigem Frühjahr treibt die blanke Not die Tiere in die Siedlungen, finden sie hier doch die lebenswichtige Nahrung.
Auch dürfen wir nicht vergessen, dass die Rehe schon dort waren, bevor wir am Stadtrand weitere Siedlungen und Gärten angelegt haben. Wir sind quasi in den Lebensraum der Rehe eingedrungen, und nicht umgekehrt.
Machen die Jäger denn gar nichts?
Die Jäger üben das Jagdrecht aus. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.
Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen. Die Hege muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden.
Die Jäger bejagen die Rehe nach einem Abschussplan. Der Abschussplan wird vom Jagdbeirat der Stadt nach Diskussion empfohlen und von der unteren Jagdbehörde festgelegt. Im Jagdbeirat sind Vertreter der Grundbesitzer (Jagdgenossen), Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Naturschutz und der Jäger Mitglied. Im Abschussplan ist genau festgelegt, wieviel Rehe die Jäger schießen müssen, sogar nach Alter und Geschlecht getrennt. Die Jäger sind verpflichtet, diese Vorgabe einzuhalten.
Kann man den gar nichts gegen die Rehe unternehmen?
Verschiedene Vergrämungsmittel wie Flatterband, CD-Scheiben oder Duftstoffe (wie z.B. Hukinol) helfen, wenn überhaupt, nur für sehr kurze Zeit und sind keine nachhaltige Lösung. Einzelne Pflanzen lassen sich durch eine Drahthose oder mit unbehandelter roher Schafwolle schützen, nicht aber ganze Gärten. Hier würde nur ein hoher Zaun helfen, der den Rehen den Zugang zum Garten verwehrt. Das will aber verständlicherweise in der Regel auch niemand.
Rehe im Garten und auch auf den Friedhöfen sind nicht gern gesehen, wenn sie Blumen und andere Pflanzen fressen. Die Rehe folgen dabei ihren Instinkten und suchen Orte auf, an denen sie Ruhe und Nahrung finden. Mit jagdlichen Mitteln lässt sich das Problem nicht lösen.
Wir wollen das Problem hier nicht klein reden, aber vielleicht kann auch eine veränderte Sichtweise das Problem zwar nicht lösen, aber etwas erträglicher machen. Führen wir uns vor Augen, dass wir Menschen in den Lebensraum der Rehe eingedrungen sind und nicht umgekehrt die Rehe bei uns, sieht die Sache schon etwas anders aus. Vielleicht gelingt es Ihnen sogar, dem Anblick von Rehen in Ihrem Garten etwas Positives abzugewinnen. Viele Menschen in zentralen Stadtlagen ohne Garten würden Sie wahrscheinlich sehr darum beneiden, dass Sie diese Wildtiere aus der Nähe beobachten können.
Ingbert Tornquist